duschen ist KEIN heavy metal
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Wacken 2005 oder:
Bier, Schlamm und Scheisse – Ein Erlebnisbericht
Anmerkung des Autors: Die hier dargelegten Ereignisse müssen nicht in der hier angegebenen Reihenfolge abgelaufen sein. Aufgrund des auf dem W:O:A allgemein herrschenden Grundalkoholpegels und der (vermutlich) halluzinogenen Wirkung des Wackenschlamms möchte ich mich von jeglichen Ansprüchen auf Kausalität, Zusammenhang, zeitliche Anordnung und Kontinuität freisprechen. Prost !

So da sitze ich nun wieder in Bonn und habe nach ca 1 / 2 Stunden Einweichen in der Badewanne das Gefühl vielleicht vor Ende dieses Jahrtausends wieder sauber zu werden.
Ein Glück das ich diesen Bericht nur unter Zuhilfenahme meiner Finger und nicht meiner Stimme schreiben muss, denn reden kann ich noch immer nicht richtig wie ich gerade festgestellt habe.

Und dabei hatte alles so entspannt angefangen: Mit dem mächtigen Kadett alias Boss Hoss von Volker Haag alias Hank Francisco ,sowie meinem Bruder Rasmus in nur 5 Stunden nach Kiel gebrettert (später sollten wir für etwa die gleiche Strecke 12 Stunden brauchen, aber dazu später mehr) und dort erste Mal lässig an den Strand gehauen um eine Kiste Holsten Export zu vernichten. Danach ab in die einzige ansässige Strandbar und den Abend bei Tequila und Vodka mit albernen Musikdiskussionen beenden: Alles in allem ein sehr entspannter Start.

Am nächsten Morgen, trotz Kopfschmerzen und allgegenwärtigem Brechreiz, den Hoss so voll wie möglich mit Bier und Fraß geladen und ab ins (noch) sonnige Wacken.
Unterwegs wurde noch mal flugs mit Don Ludger de la Cardeneo telefoniert, der nach eigener Aussage den „sieben Uhr Zug genommen hatte“, dementsprechend mit uns nur noch ein Gute Nacht Bier trinken konnte, um sich dann eine vierstündige Nachtruhe zu gönnen (Nachmittags um 17.00 Uhr). Da RocknRoll ohne Schlagzeuger nun mal eher was von verzerrter Kammermusik hat, will sagen nix kann, mussten wir uns ein wenig gedulden bis das erste Set gespielt wurde. Aber immerhin konnte ich so die verbliebene Zeit nutzen mich in 3 Stunden absolut brack zu saufen und mich nach einem misslungenem Rauchversuch das erste Mal zu übergeben: großartig, dann kann es ja losgehen!

Also : Plane vom Hänger auf, aufgebaut , und ab dafür. Da unser Starmmöbelverkäufer Se Kollege plus Heldenchauffeur Graf Disco noch mitsamt Bus in einer höchst ärgerlichen Zollkontrolle hängen geblieben waren musste sich das versammelte Duschpublikum sich mit schlechten AC-DC und Motörhead Versionen meinerseits zufrieden geben. Um die an der Dusche Anstehenden, wahrscheinlich eh genauso betrunkenen Weicheier zu Belustigen/Verärgern wird es gereicht haben. Irgendwann später rückte dann auch unsere Verstärkung an und wir konnten vollzählig diesen Abend beschließen. Nach noch bestimmt einem Dutzend Bier, einigen Regengüssen, einem völlig überflüssigen Besuch der „Metal-Disco“ auf dem Festivalgelände (wo man eh bis zu den Knien im Wackenschlamm versank ) ging dieser Abend dann auch zu Ende und ich konnte mich endlich auf meinen ersten Kater und mein erstes Frühstücksbier freuen.

Aufwachen hat in Wacken einige und Vorteile im Vergleich zum „normalen“ Weckerklingeln Montagmorgens: Zum einen hat man einen Kater (was ja durchaus eine Gemeinsamkeit zu Montagmorgen sein kann, seien wir mal ehrlich) aber man kann diesen direkt mit einem Frühstücksbier auf nach Wacken vertrösten. Nach üppigem Frühstück (1 Dose Fisch & 1 Flasche Kakao) und Morgenstuhlgang, genießt man kurz die von Herrn Kulike zu Recht als die „nüchternen 5 Minuten des Tages“ bezeichnete Zeit und los geht’s diesen Zustand wieder zu ändern. Der Duschvorplatz füllt sich und es wird Zeit mal wieder gegen die allgemein vorherrschende Duschsucht zu wettern/schwadronieren/saufen. Also, wie gehabt: Hänger auf, aufgebaut, und ab dafür. Da unsere Verstärkung mittlerweile eingetroffen ist können Profi-„Mach mir die Schere, Baby“-Erklärer Se Kollesch sowie Graf Disco und Don Ludger de la Cardeneo endlich Metalhits zum Besten geben. Währenddessen bekommen wir Besuch von der Band „Hatedrive“ die am folgenden Tag spielen wird (soll sehr gut gewesen sein hab ich mir sagen lassen), sich aber partout weigert uns ein vernünftiges Angebot zu machen, wenn Ihnen auch mal auf der Wacken Shower Stage zu unermesslichem Ruhm verholfen wird.

Den restlichen Tag verbringen wir größtenteils mit Bier trinken. Die Bands des Tages (Tristana, Candlemass, OOOMPH!, Nightwish) interessieren mich kein bisschen, aber trotzdem entschließe ich mich mich von Nightwish mal ordentlich langweilen zu lassen. Was auch sehr gut funktioniert! Unterwegs lerne ich noch zwei Schweden kennen, die mir helfen meine Schwedisch Kenntnisse aufzubessern: „Dricka Dricka , varje dag Dricka !“(Saufen, saufen jeden Tag nur saufen!) und anfangen die Sängerin als „bögfitta“ („schwule Fotze“) zu beschimpfen. Weils so lustig ist, mach ich einfach mit, und so hat sich auch dieser Tag wieder gelohnt.

Der nächste Tag bricht an: das idyllische Feld im friedlichen Wacken hat sich mittlerweile in ein idyllisches Schlachtfeld aus Zelten, Bierdosen und schwarzen Matsch verwandelt, was an dem großartigen Männerwetter liegt was uns das ganze Festival begleitet. Passend dazu läuten wir jeden Tag mit dem „Morgenerwachen“ von Grieg ein, um dem Funkeln der leeren Bierdosen in den Urinpfützen in der Morgensonne eine musikalische Untermalung zu geben.
Immerhin ist das Line Up an diesem Tag anständig: „Marky Ramone“ verschafft uns einen guten Start in den Tag, und spielt fast ausschließlich Hits von den, wie ich mir habe sagen lassen, legendären ersten 3 Alben. Danach folgen „Bloodbath“ die ich zwar nicht gesehen habe, aber mir im Nachhinein von Mike wärmstens empfohlen wurden.

Doch zunächst zurück auf den Campingplatz wo sich ein historisches Ereignis anbahnt, das sich noch auf die Wacken-Thronfolge auswirken wird: Im Rahmen des organisierten Luftgitarrencontests setzt sich Graf Disco auf zwei Bierkisten und kotet ungeniert vor allen Leuten auf unsere (zum Glück aus Wiese bestehende) Bühne und entscheidet diesen Contest damit unbestritten für sich. So, Popo abwischen, fertig! Hiermit setzt er natürlich große Maßstäbe angesichts der anstehenden Nominierung zum König von Wacken 2005.

Zur Sache: „Obituary“ haben mich nicht völlig überzeugt, obwohl sie immerhin auf meinem ersten Heavy Metal Tape waren ,das ich in der 6.ten Klasse von Daniel Adams überreicht bekommen habe, dafür machen „Machine Head“ das ganze wieder gut ,mit ihren grandiosen Cover Versionen und obwohl der Sänger für meinen Geschmack viel zu oft „Wacken you are awesome !“ sagt. Für mich die beste Band des Abends, obwohl ich dafür von Caddy (fast) aufs Maul bekomme, und zwar aus dem Grunde dass er wohl die nun folgenden „Gorefest“ besser fand (leichte Untertreibung). Damit steht er nicht allein und der Rest des Abends geht dafür drauf zu diskutieren wie geil Gorefest waren.

Den Samstag beginnen wir mit einer Lesung aus „The Dirt“, der Mötley Cure Biografie, die uns endlich klarmachte wieso Ozzy Osbourne viel cooler ist als Nikki Sixx. Dann „Overkill“ kucken und feststellen das diese weitere Band meiner Jugend entweder mittlerweile abgebaut hat, oder mein Musikgeschmack damals doch nicht so großartig war, wie ich es damals dachte.
Danach ging’s dann „Dissection“ kucken, die vom Lärmfaktor alles bisher dagewesene toppten, deren Drummer zwar keine 64-tel Doublebasegewitter spielen konnte, es aber trotzdem versuchte, und die einen eigenen Roadie für ihre alberne Bühnendeko dabei hatten, um die sich hin und wieder nach Hinten wegkippende dritte 6 wieder gerade zu richten.

Danach zurück zum Camp, um der Verewigung unserer Duschkapelle für die Wacken DVD beizuwohnen,was leider den unangenehmen Nebeneffekt hatte, im nachhinein Finntroll verpasst zu haben, die im nachhinein wohl ziemlich hoch auf den Bestenlisten unserer Crew standen. Als Abschluss gebe ich mir dann noch „Accept“ die allein dadurch auftrumpften 18 Marshall 4x12er und 6 Ampeg 8x10er Boxen auf der Bühne stehen zu haben, so das man auch in 250 m Entfernung das Gefühl hatte „am Nordkap wär der Sound jetzt angenehm“.

Nun steht unser Abschlusskonzert an mit Pyro Show, inszeniert von Chefpyromane Frank, und der Krönung des diesjährigen Königs von Wacken.Und was soll ich noch drumherumreden,durch seinen einzigartigen Einsatz beim Luftgitarrencontest: Was einmal Graf Disco war ,sollte nun nur noch mit König Disco angesprochen werden. Hail to the King!
Wir beenden den Abend mit einer Runde Cool Savas, Lokalmatadore und Ausgang Ost, und danach begeben wir uns auf eine Höllentour durch Schlamm, Matsch und Stau (Respekt an Natalie und Kollege für ihre unverwüstliche Trinkfestigkeit) um nach 12 Stunden endlich brav im eigenen Bettchen zu liegen und beim einschlafen noch einmal zu summen: „mach mir die schere baby…“

Danke es war großartig !

Till

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