Es sollte wieder soweit sein. Der Sommer rückte näher und der Countdown auf der Wacken-Homepage zeigte an,
dass es nicht einmal mehr 50 Tage sein würden bis der alljährliche Wahnsinn in der "Männerwelt Wacken"
wieder beginnt. Und zum ersten Mal war unser Aufenthalt in der norddeutschen Klein-Idylle mehr oder weniger
durchorganisiert und geplant. Im übrigen waren sogar einige von uns dieses Jahr das erste mal als Medienpartner
akkreditiert.
Es ging ans Packen:
Ein Schlagzeug, eine Gitarre, ein Bass, ein Mikrofon, Amps, Kabel, ein Generator, ein Grill, etwa 20
Paletten Bier, einen ganzen Haufen Nahrung in Form von Dosen und Rohfleischmaterial und eine Flagge der
Südstaaten wurden in zwei PKWs und einem alten Bus der Bundeswehr verstaut.
Es ging los:
Nicht wie in den vergangenen Jahren fuhren wir erst am berüchtigten Mittwochmorgen los, an dem man sich
normalerweise schon verkatert irgendwo in dem kleinen Städtchen Wacken befindet. Leider konnte ich mich
an diesem Morgen nicht an der gemeinsamen Fahrt beteiligen, da ich mich zu diesem Zeitpunkt noch im Urlaub
befand. Die Fahrt sah dennoch bei allen sehr ähnlich aus: Laute Musik aus den kleinen Auto-Lautsprechern,
die ersten leeren Bierdosen und einer, trotz vieler langer Staus, ungehemmter Vorfreude auf die bevorstehenden
fünf Tage Wacken-Open-Air. Leider dauerte meine Fahrt wegen dem oben schon angesprochenen Urlaub etwas länger.
Ich war in München. Glücklicherweise war der überaus liebenswürdige Krischan, den ich dieses Jahr in unser Mekka
mitnehmen durfte (sein erstes Mal), zur selben Zeit in München. Also die letzten Tage zusammen in München
verbracht, gesoffen und vorgefiebert. Dann am schönen Mittwoch morgen die Sachen eingepackt und erstmal die
600km zurück nach Köln gestochert. Das kann kann ganz schön lange dauern, wenn alle paar Kilometer lange Staus
sind. Egal, mittags Ankunft in Köln, Urlaubsklamotten raus aus dem Auto, palettenweise Bier der Aldi-Kette rein
ins Auto und weiter nach Wacken, also auf die nächsten knapp 600km. Nach unzähligen Staus endlich dann
irgendwann abends in Wacken angekommen. Die anderen waren alle schon da und so wurde gesoffen. Krischan hatte
dann auch irgendwann Geburtstag also noch ein Grund zum Feiern.
Die Ankunft: Mittwochabend, Camping Ground D, gegenüber der Duschen und Klos:
11 tapfere Krieger des Stahls errichten ein Lager und bevor der Pavillon steht, sind die ersten Paletten leer.
Unter der Devise "Weitertrinken - den Rest erledigen wir morgen!" tranken bis tief in die Nacht mit unseren
Nachbarn der nächsten fünf Tage, die praktischerweise eine Zapfanlage mitgebracht hatten und feierten Geburtstag.
Der erste Tag:
Trotz durchzechter Nacht wurde keine Müdigkeit vorgetäuscht. Es war etwa 9:00Uhr und die ersten Frühaufsteher
kamen tatsächlich auf die Idee in Wacken duschen zu wollen. Wir entschlossen uns kurzer Hand erst einmal aufzubauen.
Unsere Bühne bestand aus Flatterband, die unser kleines Lager notdürftig von der tobenden Meute beschützten sollte.
Da wir es nicht nur für unnötig hielten in Wacken zu duschen, sondern dafür auch noch eine geschlagene Stunde dafür
warten zu müssen, schrieben wir kurzerhand "DUSCHEN IST KEIN HEAVY METAL" auf die Bass Drum und schmetterten der
wartenden Schlange ein paar Songs entgegen (Breaking The Law, Painkiller, The Kids Are Back, Highway To Hell). Wir
waren sehr erstaunt dass wir sehr gut ankamen und sich innerhalb kurzer Zeit eine riesige Traube Menschen um uns
versammelten. Also spielten wir noch zwei Stündchen weiter. Diese "Zeremonie" sollte auch die restlichen Tage in
Wacken beginnen und enden lassen.
Das Festival:
Den Rest des Tages verbrachten wir damit, das Gelände zu erkunden um nach jeweiligen änderungen zu den Festivals der
vergangen Jahre zu suchen und stellten leider fest, dass uns die neuartige Gestaltung und Lage der Bühnen nicht so
sehr zusagte, da wir die vier nebeneinander liegenden Bühnen, wie sie noch 2000 zu sehen waren, eindeutig besser
fanden. Einige von uns waren für verschiedene Magazine akkreditiert (oder auch nicht) und nahmen dies zum Anlass im
Backstage-Presse-Bereich alte Bekannte zu treffen und das eine oder andere Bierchen mit Sternchen am
Heavy-Metal-Himmel zu trinken.
Ein Bierbauchvergleich mit Gerre von Tankard blieb da nicht aus. Und so feierten wir noch einige Stunden
lang eine Riesen-Party bis wir uns zum Highlight des Abends aufmachten.
Wir wollten WASP sehen und bekamen eine 1a-Show geboten. Der Sound war super und überall wo man hinsah
Pyro-Effekte. Blackie war gut drauf und aus den großen Bühnenlautsprechern wurde uns ein Hit nach dem Anderen
um die Ohren geschmettert. Aus ihrem ersten Album spielten sie ganze 4 Songs (Animal, I Want To Be Somebody, Love
Machine und Sleeping In The Fire). Als alter WASP-Fan bekam ich das Gefühl, ich hätte jetzt alles gesehen wofür es
sich zu leben lohnt und das ich mit gutem Gewissen sterben könne. Aber sie setzten noch einen drauf, spielten
Chainsaw Charlie und Blind in Texas und Blackie kletterte immer wieder an seinem Mikroständer/Motorradlenker-Gebilde
hoch, aus dem am Ende natürlich auch noch mal Funken sprühten. Von meinem Lieblingsalbum "KillFuckDie" haben sie
aber leider nichts gespielt, was bei der gebotenen Show aber gar nicht so ins Gewicht fiel. Insgesamt war dieser
Abend nicht nur ein gelungener Start in das Wacken-Open-Air, sondern machte auch noch Lust auf mehr.
Der nächste Morgen begann wie der Morgen zuvor. Aufbau der Instrumente und "Rubbel` die Katz!". Langsam hatte es
sich herumgesprochen und zu unseren "Duschkonzerten" verirrten sich auch immer mehr Leute, die gar nicht zum
Duschen gekommen waren, sondern um uns zu sehen. Irgendwann machte ich mich dann auf, kreuz und quer übers Gelände
zu laufen, um von möglichst vielen Bands etwas mitzukriegen. Leider waren es dann doch etwas zu viele Bands in so
kurzer Zeit, um sich an alles zu erinnern, es war auf jeden Fall sehr lustig. Hier ein paar erwähnenswerte Sachen:
Soul Doctor haben nicht nur technische Probleme, sondern bieten auch noch eine nicht ganz ernstzunehmende Show. Dies
tut der Stimmung im Zelt keinen Abbruch und die Bandmitglieder werden gefeiert wie Götter.
Holy Moses spielten zusammen mit Doro Pesch Too Drunk To Fuck und dass Napalm Death Nazi Punks Fuck Off spielten,
nahmen sich eine Skinheads zum Anlass das Pit zu verlassen und in den hinteren Reihen des Publikums zu verschwinden.
In ihren 45 Minuten prügelten Napalm Death einen Song nach dem Anderen herunter und das von so gut wie jedem ihrer
Alben.
Im späteren Verlauf des Nachmittags blieb uns nichts anderes übrig zwei italienischen Metalmagazin-Redakteurinnen
hinterherzulaufen, in die wir uns spontan verliebt hatten. Der Abend nahte und damit auch das lang ersehnte Konzert
von Saxon. Vorher kamen allerdings noch Helloween, die mich als alter True-Metaller natürlich davon abhielten eine
Pause einzulegen, um mal was zu essen und neues Bier zu holen. Auch Helloween verloren nicht viel Zeit und spielten
einen Hit nach dem Anderen.
Anscheinend hat es dieses Jahr einen Wettbewerb gegeben, welche Band die meisten ihrer alten Hits spielt. Der
krönende Abschluss des Abends rückte näher und wir sahen wie ein überdimensional und hell erleuchteter Saxon-Adler
über der Bühne aufgehangen wurde. Die Show war phantastisch und wer sie nicht gesehen hat, tut mir sehr leid, denn es
gab einiges zu verpassen. Bunte Lämpchen wohin man sieht und dieser Adler, der im späteren Verlauf des Konzertes
heruntergelassen wurde und über den Köpfen der Band "schwebte".
Zu diesem Zeitpunkt wurde es immer schwerer, sich zu merken welche Band man wann und wo gesehen hatte. Laut meinem
nun überhaupt nicht mehr vorhandenen Erinnerungsvermögen habe ich an diesem Tag noch die Grindcore-Götter Nasum und
Paul Di'Anno and the Killers gesehen. Es ist allerdings sehr gut möglich dass diese Bands erst Samstagnachmittag
gespielt haben. Paul Di'Anno gab seine alten Maiden-Hits zum Besten. Ansonsten begann der Samstag wie die Tage zuvor
mit dem obligatorischen Guten-Morgen-Konzert gegenüber der Duschen.
Hier und da sahen wir uns zwischendurch Bands an, aber Mental bereiteten wir uns alle auf das bevorstehende
Motörhead-Konzert vor. Vorher gaben wir uns allerdings noch die schöne Tara und ihre Band Nightwish, die live immer
wieder mit gutem Sound und einer fantastischen Show überzeugen konnten. Von der Angels Fall First bis zur Wishmaster
spielten sie alle ihre Hits und ich begann mal wieder anstatt der Band vornehmlich Mädels aus dem Publikum zu
photographieren. Das Nächste Highlight war In Flames. Sie Spielten ihr Set von der Clayman-Tour und sorgten vor allem
mit Ihrem Intro, dem Theme von Austin Powers II, für Spaß und eine irre Party im Publikum.
Das Wacken-Open-Air klingt allmählich aus und Motörhead bildet den krönenden Abschluss. Was sie alles gespielt
haben weiss ich nicht. Ich war hellauf begeistert, bekam für mindestens eine Stunde kein Wort mehr über meine Lippen
und meine Fähigkeit zu Denken verschwand völlig. Sabber tropfte mir aus dem Maul und ich war einfach nur glücklich.
Was für ein Konzert.
Der Abschied:
Da wir keinerlei Lust hatten uns nun in die Heia aufzumachen, um am Tage der Abfahrt fit zu sein, beschlossen wir
einfach immer weiter zu feiern. Wir verabredeten uns mit Jeff Walker, dem Gitarristen von Annihilator, um mit ihm
auf unserer improvisierten Bühne ein paar Stücke zum Besten zu geben, aber er kam leider nicht. Um die Massen, die
sich vor unserem Camp gebildet hatte, zu befriedigen, gossen wir kurzerhand Benzin über das Schlagzeug, zündeten es
an und spielte so lange Höllenfeuerlicht, bis die Felle schmolzen. Nachdem wir das Schlagzeug schließlich ganz
auseinander genommen haben, tranken wir weiter, bis es wieder hell wurde.
Der letzte Tag:
Als wir dann schließlich doch irgendwann mal wach wurden, was nach den letzten Tagen fast ohne Schlaf eher
überraschend war, mussten wir feststellen, dass so ziemlichen der gesamte Camping Ground D bereits leer war.
Ein netter Mitarbeiter vom ADAC gab uns Starthilfe, denn die Batterien des Busses nahmen die Strapazen der letzten
Tage nicht so gut auf wie wir. Schließlich traten wir die Heimreise an.
Und spätestens am Dienstag abend waren wir alle wieder zu Hause.
Letztendlich bleibt nur noch eins zu sagen:
Das Wacken-Open-Air ist jedes Jahr aufs Neue das absolute Muss für jeden Metal-Fan. Wann erlebt man schon mal
einen so großen Haufen Metaller, die fünf Tage lang, beinahe ohne Pause, feiern.
W:O:A:2002, wir kommen!
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