duschen ist KEIN heavy metal
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11.02.2003, Live Music Hall (Köln):
Erst einmal den Reinbring-Gott kontaktieren: "Joh, wie viele seid ihr denn? Nur der Frank und Du? Joh, ich setz euch auf die Gästeliste, bis gleich dann." Schon wieder 46 Euro für den Andi auf unserem Deckel! Heute wird mal nicht gesoffen. Und zwar so ehrlich mal nicht, so richtig mit nüchtern bleiben.

Vor der Halle stehen sich in etwa dreißig Millionen Leute die Füße platt und ich erkläre Frank das man tatsächlich schon mal was von der Band gehört hat, von wegen im Windschatten von Slipknot. Auf die Frage einiger Ladys (zwölfer!) ob wir denn schon Karten haben erklären wir das wir auf der Gästeliste stehen und schon sind wir die ärsche. Geil!

Die Halle ist recht gut gefüllt mit allerhand Leuten die sich Stecker und Ringe durch jeden noch so kleinen Hautfetzen jagen. Cool. Außerdem ein Meer von coolen Shirts: Mushroomhead, natürlich Slipknot, Kittie, Deftones und ewig so weiter. Auf dem Weg vor die Bühne werden wir aufgeklärt das RAGING SPEEDHORN supporten. Geil! Das Raging-Speedhorn-Album ist eines der besten was man haben kann, und, wie ich finde, so geil wie Panfuckintera in ihren besten Tagen. Insbesondere das Gebrülle. Das neue "We will be dead tomorrow" ist leider ziemlich hüftsteif und lahmarschig. Egal.

Wir stellen uns vorne rechts zufällig neben zwei Ladys ( eine zwölf, eine neun) direkt vor zwei Düster-Metaller mit Matten bis zum Arsch, geilen Morbid-Angel-Shirts und abgenervten Blicken. Metallische Freunde, Heimat.

Schon geht die Show los. Das Schlagzeug wirkt winzig gegen den arg übergewichtigen Klatzkopp mit der riesigen Hose die einen interessanten Blick in seine Kimme gewährt. Beide Gitarristen artig mit Riesenhosen und SG und der Bassist würde mit Handkuss von jeder dreckigen Rotzrockcombo sofort genommen werden. Die beiden (!) "Sänger" teilen sich die Arbeit: Der eine übernimmt das Gegrunze und der andere kreischt nur. Beide übrigens natürlich mit Sackhosen und drei Meter groß und breit! Viel Krach, ordentlich Bewegung und der Sound ist sehr gut. Ich finde die Jungs ziemlich geil auch wenn sie sträflicherweise "Mandan" weglassen. Zwischendurch überlege ich, ob die durch das viele Touren keinen Bock mehr auf schnelleren Krach haben und deshalb eher das lahmarschige Zeug spielen. Oder ob vom lahmen Krach mehr Einheiten abgesetzt werden .Hm, wahrscheinlich von beidem ein bisschen. Schade, aber das dürfen sie sich auch erlauben. Im Publikum kaum Bewegung. Deshalb streckt ein Sänger vor dem letzten Stück artig den Mittelfinger raus und erwähnt: "Last Song because you don`t like us!" Cool. Er kriegt einige Mittelfinger wieder. Noch cooler. Das will ich auch mal haben. Krach, Konzert zu Ende. Fazit: Noch lange nicht Pantera, aber dennoch schon Mitte zweite Liga.

Neben uns die Ladys haben den Auftritt irgendwie überhaupt nicht verstanden. Die gucken sich an als würden sie von einem grünen Kamel mit fünf Beinen gefragt werden wann denn der Bus kommt. Witziges Bild. Boh, wenn man nüchtern ist kriegt man jede noch so unwichtige Scheiße mit und behält den ganzen Kram auch noch im Kopf. Lästig. Ewige Umbaupause, wir geben Bewertungen ab. Eine gute Hand voll Einstellige, aber ein feuchter Furz im Gegensatz zu ILL NINO. Das war nichts anderes als ein Fest für die Sinne! Egal.

Ach Du Scheiße! Der Schriftzug auf der Bass verrät es: SALIVA. Also noch eine Vorband. Und was für eine. Diese Band dürfte man eigentlich gar nicht kennen. Aber der mächtige Mieschka Majonnaise von der noch mächtigeren BOCKWURSCHTBUDE arbeitet als Radio-DJ und bekommt deswegen immer tonnenweise Schrott-CDs die er dem Herrn Kremer schenkt. Die witzigen behält er, den Abfall bekomme ich, unter anderem SALIVA. Die machen den Eindruck von Altrockern die sich auf modern trimmen um kleinen Mädchen zu gefallen. Dann geht es los.

Drummer mit verfilzten Haaren bis zum Arsch, zwei Basses. Basser mit Matte bis zum Arsch und Lackschuhen mit Schnalle fürs Büro. Ein Gitarrist uninteressant. Dann der Knaller: Der zweite Gitarrist. Schwarzes, schulterlanges Haar, AUF dem Kopf ein Zöpfchen, vorne zwei Strähnchen. Braune Lederhose, seitlich geschnürt, schwarzes Feinripp-Unterhemd und dick Kajal unter den Augen. Noch wird nicht gespielt, er stellt sich vor uns und guckt tierisch böse und aufgesetzt durchgeknallt. Eine drittklassige Kopie vom System Of A Down-Klampfer. Dann geht der recht monotone New-Pop-Schrott los. Ich nehme mir noch vor den Jungs eine faire Chance zu geben da fängt der Gitarrist auch schon an beim spielen zu tanzen. Und zwar in einem typischen Boyband-Ausfallschritt. Ich dachte ich sehe nicht richtig. Unterhaltungsfaktor einhundert, nur leider geht den Jungs jegliche Selbstironie ab. Tanzen, böse gucken, tanzen, Ladys anflirten und von vorne.

Als ich noch denke das kann ja gar nicht mehr getoppt werden da legt der Sänger los. übergewichtige, viertklassige Kid-Rock-Kopie mit schwarzem Oberkellner-Anzug. Das Mikrofon hält er artig wie ein Schlagersänger (!), allerdings spreizt er den kleinen Finger nicht ab. Schade. Das wir uns richtig verstehen: Das war kein Gag! Die meinen das todernst! Ich war hin und weg.

Am besten sah es aus wie er sich am Ständer festhielt um zweimal in Zeitlupe zu bangen. Sah aus als hätte er Magenkrämpfe. Außerdem streckten er und der tanzende Gitarrist andauernd kleinen- und Zeigefinger aus. Oh ja, klar Jungs, Hail Slayer. Ronnie würde sich im Grabe rumdrehen, wäre er denn schon tot. Ein mehr als heiliges Zeichen so zu missbrauchen braucht entweder Humor oder Saliva. Die Jungs und Mädels im Publikum fanden das gut. Ich hoffe das die wenigstens Humor haben. Ich erwarte ja keine Kompetenz von Kindern die sogar zehn Jahr jünger sind als ich, aber damals, als das Brötchen noch fünf Pfennig gekostet hat, da hätte ich so Bands vom Publikum aus ins Gesicht geschissen!

Die Mädels neben uns tanzen sich einen Wolf, der Gitarrist auch, der Sänger schleimt das es von der Decke trieft und Frank und ich sind heilfroh das wir dafür kein Geld ausgegeben haben. Irgendwann geht zum Glück auch der Comedy-Act vorbei. Hurra, wir leben noch. Noch längere Umbaupause.

Die allesamt eher unscheinbaren Musiker betreten die Bühne und braten los. Mein Gott, sind STONE SOUR etwa der kleine Bruder von Slipknot? Corey kommt. So sieht er also aus. Hat aber auch zugelegt. Geht erst mal ab. Sehr gut. Dreißig Sekunden später, drei Gänge zurück, typischer Corey-Style, tausend Wörter pro Zeile. Hm. Kein Gebrate mehr, eher (O-Ton Frank) Semi-Hart. Naja. Also wenn es sich einer verdient hat zurückzuschrauben dann Corey. Also ewig lang jeden Abend nur Krach und Geschrei bei Slipknot kann auf die Dauer bestimmt nerven. Naja, ab und zu dreht er mal ab, sieht sehr geil aus. Sonst eher lau. Als wir uns entschließen noch vier Stücke zu hören und uns dann zu verpissen packen die Jungs die Western-Gitarren aus und heulen los weshalb wir doch früher aufbrechen. Trotzdem, Danke, Andi. Mal wieder.

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