duschen ist KEIN heavy metal
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SOCIAL DISTORTION, BACKYARD BABIES, Palladium Köln, 15.August 2005
Koste es was es wolle! Und dreißig Euro ist schließlich ein Fliegenscheiß für Mike Fukin´ Ness, den alten Sack! Entsprechend ordnungsgemäß steht die Karte schon Wochen vorher bei mir in der Vitrine, wie bei jedem Menschen mit einem Funken Anstand!

Ja, also einen Tag vorher erstmal zum Fö, weil der nämlich tags drauf von Dortmund zu SOCIAL D fährt. Von Köln nach Dortmund, um nach Köln auf ein Konzert zu fahren. Fragen?

Also vorm Dortmunder Asi-Bahnhof uppmachen, wo komischerweise Nazis neben so genannten Punks rum stehen und saufen dürfen (!?), zusammen mit verwahrlosten Typen in Ranzklamotten und blutiger Fresse! Dortmund erleben und dann sterben, aber ehrlich. Naja.

Lea, Carolita und die Düssel-Nat mit angehendem Arzt-Kumpel sind auch dabei, und zufällig sehen wir, wie ein alter, besoffener Typ einen anderen, ebenfalls lattenstracken Papi würgt, und sich mit dem auf dem Boden wälzt. Wir also hin, artig helfen. Angeblich hat der eine dem anderen Geld geklaut. Naja, Bullen anrufen, die auch sofort antanzen, und der Klaui ist denen bekannt, und tatsächlich hat der das Portemonnaie gezockt. Zum Dank für unsere Hilfe lädt uns Klaus-Peter, so heißt er, ein, auf was immer wir wollen. Ja, wir wollen uppmachen natürlich, also schnell ab in den ersten Schuppen der nach watt für zum trinken aussieht, und Klaus-Peter erwähnt hundert Mal in der Minute das alles auf ihn geht. Perfekt! Einmal Cocktails für alle, und Bier, und noch mal Cocktails, immer her damit! Hunger! Chips, geht alles auf Klaus-Peter, ne, Klaus-Peter? Johjoh.

Lea, nicht doof: „Ich bräuchte Zigaretten.“ Hoch, kein Problem, Klaus-Peter torkelt zum Zigarettenapparillo, kriegt nach starken zehn Minuten auch mal die Sache mit dem Kleingeld auf die Reihe und brabbelt nebenbei immer wieder, was für ein Schwein doch der Klaui war, und das Klaus-Peter ja total reich ist, und wir seinen Porsche ausgeliehen haben können, der vor der Türe auf dem Parkplatz steht. Mann, wären wir nicht ganz so beschissen anständige Vollidioten, wir könnten mal nachgucken ob Klaus-Peter tatsächlich einen scheiß Porsche da irgendwo rum stehen hat, den wir ausgeliehen haben könnten. Aber stattdessen lass ich mir ne Schachtel Kippen vom Klaus-Peter schenken. Aber so was, ich rauche ja gar nicht, huppala, na dann kann die Lea die ja haben, ne? Johjoh, Klaus-Peter. Als Dankeschön lässt sie sich auch ewig lange vollmüllen was Klaus-Peter doch nicht so alles durch den Kopf geht. Jedenfalls nicht viel gescheites.

Egal, alles super, ab nach Hause, Haja machen, ab zu Mike Fukin Ness nach Köln vors Palladium. Vor der Halle erinnert das Szenario an ein Klassentreffen: Wirklich jeder, der zwei Arschbacken hat, ist da! Dortmunder, das Essener Pack, Kölner Metaller (!), natürlich die gesammelte Punkrock-Sippschaft und Jojo und Bönx sind mal eben so aus Berlin hergefahren. Alles klar, Jungs. Sogar der urkölsche GUNBARREL-Gitarrist steht in der Schlange, nahe beim HÄNDE WEG JOHNNY-Basser, ach, einfach alles und jeder ist hier.

Maks: „Ich muss pissen.“ Geht drei Meter weiter zum erstbesten Stück Mauer und pisst: „Ich dachte mir interessiert doch eh keinen.“ Er könnte sich auch direkt mitten auf die Straße stellen, aber egal.

Geile Szene am Rande: Weil der absolut grandios wichtige Weltjugendtag demnächst hier ist, werden Busseweise ausländische Christen angekarrt, alle in so unglaublich schicken Christen-T-Shirts, die als ersten Eindruck vom schönen Köln die verranzten Fassaden von den Industriegebäuden haben, und eine Horde saufender, tätowierter Rockabillys und Punks, die allesamt abfällig auf Christen herabblicken. Geil! Geil! Geil! Wir überlegen, ob wir vielleicht an dem Bus rütteln und rumbrüllen sollten… Aber nur datt Nathaalje hat genügend Anstand rumzubrüllen „datt gibtet doch wohl hier nich, Satan, Satan, ich glaubs ja nich, Sataaaan…!“.

Naja, alle rein, ab nach vorne, die BACKYARD BABIES hampeln grad auf der Bühne rum. Dregen zappelt natürlich wieder rum wie blöd, so als würde sein Körper schreien „ich kann nicht mehr hör auf“, und die Drogen ballern im gleichen Moment und schreien „zappel mehr, das ist noch keine Rockshow, du musst schwitzen, du musst bluten…“

Aber ansonsten spielen die Jungs sehr routiniert, sehr gefällig und langsam, der Sound ist geil aber verflucht leise, und so live kommt der Sänger ne Ecke unaufgesetzter rüber als Dregen. Basser und Schlagzeuger ja sowieso, die sind halt einfach da und sehen cool aus. Punkt.

Tja, schon geil, die Beine stehen breit, die Hits werden gebracht, aber n Tick zu harmlos und nicht lässig genug um mit der Zunge schnalzen zu können, aber wer verdammt würde nicht vor SOCIAL DISTORTION mächtig abstinken? Eben.

Ende, Umbau, und dann der große Moment: Die Musik geht aus, und ein alter, leicht untersetzter Mann mit rosa Topflappen, der einen Hut darstellen soll, kommt auf die Bühne. Kaugummi in der Fresse, lächelt leicht, nicht zu viel, wäre ja viel zu uncool, haut sich mit der Faust aufs Herz, lässt sich abfeiern, und hunderten von Leuten wird anders: Gänsehaut! So müssen sich also die Katholiken fühlen wenn der Papst aufm Böötchen an denen vorbeisegelt, geil!

Der Gottesdienst ist eröffnet!

Mike lässt sich ne Gitarre reichen, nimmt zuerst das Pick, und steckt sich ein zweites in die Hosentasche! Er hat nicht ein einziges dämliches Pick am Mikroständer kleben, so eine Scheiße macht er nicht mit. Totaler Unfug! Und los! Sound ist total geil, vielleicht ein bisschen zu bassig und mumpfig aber egal, und der Schlagzeuger spielt für SD-Verhältnisse verdammt schnell, fast schon hektisch, also nix mit noch langsamer als auf Platte. Kann man von halten was man will, aber langsamer als auf Platte spielen würde denen natürlich gut zu Gesicht stehen. Egal.

Vorne natürlich Pogomob, wir stehen direkt daneben. Carolita bemerkt, dass die Ansagen genau die sind, die er auch in Berlin gebracht hat, so gegen Bush und so. Jaha, die sieht die schon das zweite Mal, hmhmm!

Ja und was Mike Ness da an Oberarm zeigt sieht aus wie erschlaffte Riesenmuskeln, als wäre er mal durchtrainiert gewesen, hat aber lange nix mehr gemacht. Naja, aber für so n alten Sack hat er noch verdammt viel Puste, leckomat!

Der Bassist ist einfach nur saucool dabei, und der Gitarrist spielt (laut Frank) „mehr oder minder einfach nur für sich selber“. Also cool ist da schon gar kein Ausdruck mehr! Gedankenverloren würde passen, oder abwesend, aber nicht aufgesetzt sondern so von wegen „joh ich vertrete ja hier nur ne große Persönlichkeit, ich maße mir nicht an mich hier abfeiern zu lassen, außerdem is die Rumhampelei nix für mich. Wenn ihr wen hampeln sehen wollt geht doch turnen. Ich spiel hier nur Gitarre.“ Klimper, klimper.

Und dann werden halt die Hits runter gerissen. Wenig von der White Light, schade, aber sonst alles dabei. Die Hälfte sehen wir von hinten, geiles, einfaches Bühnenbild. Erst das tanzende Skelett überlebensgroß als Banner hinter der Bühne, später dann das aktuelle Plattencover. Edel, edel, edel! So einfach wie genial! Wie die Band und die Musik!

Entweder man versteht ganz einfach was da grade passiert und scheißt sich vor Freude ein, oder man findet das halt langweilig!

Top-Konzert, wie ein saftiges Steak mit kühlem Bier im Garten mit seinen Freunden! Perfekt! Da fehlt einfach nix! Sau-ge-schmeidig!

Zwischendurch werden die zwei BACKYARD-BABIES-Aushängeschilder noch auf die Bühne gebeten zum mitsingen. Einer links, einer rechts. Dregen zappelt ein bisschen rum und wirkt total aufgeschmissen ohne Gitarre, versucht ein bisschen zu tanzen, was er nicht kann, und sieht dabei echt total bescheuert aus, während der Sänger die Hände auf dem Rücken hat und einfach nur versucht nicht peinlich zu sein. Funktioniert.

Einmal trifft Mikelein die Tonart nicht, so eine Strophe lang, also so was aber auch, aber sonst alles geil, außer diese total deplazierten, katholischen Papstjünger, die mit ihrem Pilgerticket hier tatsächlich umsonst reinkommen, Frechheit! Und eine erdreistet sich sogar die Jessy zu fragen wer denn da grade spielt! Die hätte aber nicht den falschen unter die Augen treten dürfen! Dämliche Christenfotze!

Naja, auf dem Rückweg steht der BITUME-Uwe mit in der Bahn, hübsch strack, und muss gleich schon aufstehen um morgens einen frühen Zug in seine ferne Heimat zur Arbeit zu kriegen. Also datt nenn ich ja jetz ma Einsatz, Alter!

Und zwischen all den aufgetakelten und teilweise recht leckeren Rockladys habe ich nicht eine Einzige gesehen, die auch nur annähernd so geschmeidig ist wie datt Carolita! Sabber!

Wenn ich mal so alt bin wie die SOCIAL DISTORTION-Opis, dann will ich auch noch auf ner Bühne stehen, um von da aus direkt in die Kiste zu fallen! Ja. Und wenn ich dabei noch halb so dicht bin wie Klaus-Peter gestern dann wärs das! Prost. KOLLEGE 08/05

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