27. Dezember, NILG, Basement Köln : |
Wenn die SKUM-Jungs Daniel und Chris losziehen um sich eine Band anzugucken, dann kann man da ruhigen
Gewissens mit. Dachten wir zumindest bisher.
Frank und ich lassen uns ins Basement jückeln und ich höre im Auto endlich mal wieder HELLOWEEN.
Angekommen rennen da ein Haufen Vollspaten rum. Drinnen bietet sich mir ein Bild, daß ich echt
glaube, hier will mich wer verarschen. Auf der Bühne stehen die tollen NILG. Zwei Keyboards, Bass,
Gitarre, Schlagzeug, Sänger. Alle sehen furchtbar nach Alternativ-WIR-SIND-HELDEN-Musikstudenten aus,
so richtig mit fiesen Seitenscheiteln, offenen Hemden, Bass unterm Hals, und diesen typischen
ich-warte-auf-den-Bus-Blicken. Der Sänger: Gesundheitslatschen und dicke Socken, gammlige
Brille
(wahrscheinlich ein Witz), Ausdruckstänze vom feinsten und "Texte" vom Blatt abgelesen. Der
dürre Basser zappelt als wäre irgendwas nicht in Ordnung, und spielt mit dem Rücken zum Publikum.
Beim Sänger kann man noch ohne weiteres eine dicke Portion Selbstironie ausmachen, bei allen anderen
irgendwie gar nicht.
Die Musik ist das schlimmste, was ich jemals gehört habe! Kein Stück unter fünfzehn Minuten,
wenn man überhaupt von "Stücken" reden kann. Alles klingt nach zweitklassigem Elektro-Beat-Geschisse,
so schmissiger Trancekack, aber überflüssisgerweise von Musikern mit Instrumenten dargeboten. Halt
immer irgendein vertrackter Takt (an sich durchaus originell), aber ewig lange und monoton in einem
durch. Halt in typischer Dance-Manier.
Leider muß ich zugeben: Die Jungs haben es echt drauf! Was die da an vertrackten Grooves
hinzaubern kann bei weitem nicht jeder. Die machen also ihren siebenundfünzig zweiunddreißigstel-Takt,
improvisieren irgend einen Käse drüber und bleiben fehlerfrei. Man braucht schon etwas Zeit, um den Rotz
nachzuvollziehen. Wenn man dann dahintergestiegen ist, kann man ein paar Minuten mitdenken, sich toll
fühlen, daß man den Beat verstanden hat, und das sogar im Suff, um sich dann zehn Minuten von der
Monotonie langweilen zu lassen. Irgendwie halt Muckermusik.
Also musikalisch zwar top, aber wer, verdammt nochmal, braucht so eine Scheiße?
Aber es tanzen doch tatsächlich Leute dazu, und der Raum ist rappelvoll. Unglaublich.
Ich bin der Meinung, wir sind hier mitten in einer Ansammlung von ganz fiesen Chemieopfern.
Keiner ist meiner Meinung, außer der Robert. Der klärt mich auf, daß hier tatsächlich ein
drittel Opfer von irgendwas sind, und der Rest nutzt den jährlichen Auftritt dieser "Band"
um alte Bekannte zu treffen. Jedenfalls gebe ich mir richtig Mühe, irgendwas daran toll zu
finden. Klappt aber nicht. Es ist und bleibt Abfall! Ganz, ganz fieser, dreckeliger Abfall!
Nun gut, hier und da kann man durchaus akzeptable Bewertungen verteilen. Bier holen,
reinschmuggeln, irgendwer nimmt mir das wieder ab. Wieder von vorne. Irgendwann kommt
et Suzi auf ein Bier vorbei. Und die "Band" macht Pause. Und legt leider irgendwann
wieder los. Ein Keyboarder kriegt ewig lange sein Gerät nicht ans laufen. Um Zeit zum
reparieren zu schinden, lässt der "Sänger" von seinem kleinen Gammelskeyboard ein 08/15-Demo
laufen, und tatsächlich, die Leute tanzen sogar dazu. Ich brech ab! Haste nicht gesehen!
Na ja, Frank findet die selbstredend scheiße, und ich find auch kaum Worte. Chris
und Daniel finden wahrscheinlich diesen musikalischen Anspruch toll. Oder so.
Die sechs Euro haben sich mal wieder gelohnt:
I c h w e i ß, i n w e l c h e r W e l t i c h N I C H T l e b e n w i l l!
Und wenn die SKUM-Jungens demnächst von einer Band reden, "die ganz komische Musik macht", dann bin ich jedenfalls
sehr vorsichtig, wem ich da mein Geld in den Rachen schmeiße...
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