duschen ist KEIN heavy metal
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Gunnar Baars, unplugged, null3 Köln Südstadt:
Ich kämpfe den ganzen Tag im Bett und auf der Couch gegen den Kater, und bin mir fast schon mit mir sellba einig, das ich heute nirgendwo hin gehe, da ruft Thomas an und will den STRANDGUT-Gunnar unplugged sehen. Hm. Na gut.

Das leidige Thema unplugged. Auf der einen Seite braucht keine Sau so ein Hippiegejaule, aber auf der anderen Seite kann man sich da viel geschmeidiger selber abfeiern. Das ist wie die Standarddiskussion, ob man nach dem Nase putzen ins Taschentuch gucken sollte, um genauer nachzusehen, was man denn für einen geilen Rotz produziert hat…

Also, auf auf Kameraden aufs Pferd aufs Pferd, ins Feld hineingezogen. Thomas hat den lieben, langen Tag schon uppjemacht, mein erstes Bier hingegen schmeckt wie abgestandene Plörre. Naja, kennt man ja, der Geschmack kommt gleich bestimmt wieder.

Also diese kleine Kneipe heißt „null 3 Auftrag Südstadt“ und liegt an einer ziemlich ungeschmeidigen Ecke, wo man bestimmt nicht gefunden wird, wenn man da erschossen im Busch liegt. Und manchmal kommen extrem krass fette Typen vorbei, die extrem krass fette Beats auf extrem krass fett laut aufgedrehten Kassettenrekordern hören. Alter!

Prominenz ist auch da, THE DEINE MUTTER, und wir entschließen uns dazu, dass wir die immer einen Song auf unseren Konzerten spielen lassen sollten, so praktisch als Zugabenband. Statt der eigenen Zugabe lieber THE DEINE MUTTER! Wär doch ma watt. Den Leuten würde der Ständer schwillen! Da kannste aber Gift drauf nehmen.

Jedenfalls erzählt der Gunnar, dass er endlich den Musterungsbescheid gekriegt hat. Und wehe, der verweigert, dann gehört er nicht mehr zu unserer Bande! Ich will den geschminkten Gunnar mit Nagellack bei der Bundeswehr rumkriechen sehen, und er bietet auch prompt an, dann in seiner Stube ne Webcam zu installieren. Ja, perfekt! Obwohl: Bei der Bundeswehr kriegt man ja eh Weichmacher ins Essen, das lohnt ja dann gar nicht. Naja, darf er halt nichts essen…

Egal. Datt Isabel erklärt noch, warum sie chemische Drogen nicht verträgt. Normale Menschen vertragen die ja nicht, weil die dann entweder kotzen müssen oder sich die lustigsten Sachen selber antun, weil es dann halt grade so furchtbar viel Sinn macht. Aber nicht datt Isabelchen. Die verträgt Chemie nicht, weil sie dann so oft so viel davon nimmt… Ey, sauber, der Spruch der Woche! Kann jeder für sich selber gebrauchen: „Ich vertrage keinen Alkohol! Weil dann trink ich immer so oft und so viel…“

Hmhmm. Jetzt aber, Ladys and Gentleman, Gunnar Motherfuckin´ Baars. Die Kneipe ist gut gefüllt mit zumeist recht jungen Leuten, wovon einige angehende Damen wieder recht geschmeidige Ansätze zeigen, aber leider noch nicht die Klausel erfüllt haben, sprich Bewerten ist hier wieder nicht. Und wieder frage ich mich, ob es an meinem altersschwachen Jahrgang liegt, aber als ich sechzehn war, da gab es weit und breit keine geschmeidigen Mädchen in meinem Alter. Obwohl: Kein Wunder, in Morsbach wohnt ja auch keiner. Egal, Gunnar setzt sich auf die kleine Bühne, die sinnigerweise direkt neben der Treppe ist, wo es zu den Scheißhäusern runter geht. Aha. Um auch ja alles richtig zu machen, hat er auf einem kleinen Tisch neben sich eine Fläschchen Rotwein stehen, und ein entsprechendes Glas. Natürlich geschminkt, inklusive Nagellack, und los.

Er spielt die Songs, die seine Mitmusiker bei seiner Hauptband STRANDGUT abgelehnt haben, weil sie zu ernst sind…

Ja, so hat ein Unplugged-Konzert von jemandem zu klingen, der sich ganz öffentlich dazu bekennt, niemals Gitarre spielen lernen zu wollen, und singen erst recht nicht! Aber trotzdem wird fein artig Wein gesüppelt, und zwar wie man das als Feinschmecker und Weinkenner so macht: Song zu Ende, „oh, ich wollte doch viel mehr Wein trinken“ und das komplette Glas achtlos in den Rachen gekippt, gluck gluck, weg. Gunnar hat den Geist des Weines erkannt!

Auf die Frage ausm Publikum, vor den Songs, worum es denn im dem Stück geht, gibt es grundsätzlich nur die Antwort „Heroin“. Joh, mal was deutsches, mal was englisches, aber alles mit zitternder Hand, die mit Rotwein beruhigt wird. Konsequent.

Dann die beste Ansage, die je in mein Ohr gedrungen ist: „Das nächste Stück ist total großartig! Genau wie ich!“ Glas Rotwein runtergekippt, weiterklimpern. Herr Baars, eins, setzen.

Ja, Hippiegedudel hin, akustisches Katzengejammer her, ich will so was auch mal machen! Und zwar mit ÜBERMENSCHEN-Songs. Akustisch! Ja, das ist eine hervorragende Idee. Allerdings wird dann der Schubbert mitm Thomas hinter mir sitzen, blankziehen und saufen, und nicht wie jetzt gerade hier passiert, das Arne, die STRANDGUT-Schönheit, im Publikum steht, und sogar nach Aufforderung sich nicht auf die Bühne stellt und schön aussieht! Arne: Sechs! Setzen! Dein Job ist und bleibt auf der Bühne stehen und schön sein! Und nicht davor! Ey, da packste Dir an n Kopp, an alles muss man selber denken!

Als ungeplante Zugabe gibt es noch den STRANDGUT-Überkracher „Sportler“, der akustisch dargeboten erst die brachiale Power besitzt, die den Text so richtig schön zur Geltung bringt. Jedenfalls sauwitzig!

So, ende, Gunnar lässt sich abfeiern, während er den Rest Wein aus der Flasche säuft (!), und wir lassen uns noch überreden, kurz die anderen, geklimperten Darbietungen wenigstens kurz anzutesten, weil hier heute noch drei ihre akustische Heulerei in die Ohren der geneigten Audienz schaufeln wollen.

Der nächste Kerl kann schon recht gut singen, und spielt auch anständig, und die Liedchens scheinen sogar echt gut zu sein, aber weil es in den Stücken nicht um Heroin geht, trinken wir lieber draußen Bier, da können wir auch sicher sein, das uns keine bunten Schlaghosen wachsen, oder das wir plötzlich mit Räucherstäbchen winken.

Die Vicky aus Östareech trinkt Apfelsaft. Pfui!

Ja, der nächste Gitarrenkollege kann saugeil rumzupfen, und die Sängerin, die daneben sitzt, hat sogar ne geile Stimme, aber weil im Underground Prügelmetalbänz spielen, gehen wir dahin. Ewige Gurkerei, kalt, ich habe keinen Bock mehr, und als wir endlich ankommen sind die vier Bands schon vorbei. Toll. Nicht mal Mitternacht und die scheiß Disco geht wieder los! Ich könnt kotzen! Ey vier Metalbands, aber bloß nicht zu lange spielen, denn die langhaarigen, schwarz gekleideten und mit Nieten behangenen Grunz-Metaller könnten ja zu spät ins Haiabettchen kommen.

Toll. Watt nu? Frank fällt ein, erster Samstag im Monat, da ist immer Metaldisco im Engelshof. Geil! Hin! Außerdem sind wir dann einmal lustig quer durch ganz Köln getingelt. Vom Westen in die Südstadt, dann hoch in den Nordwesten, um eine Minute vorm Underground zu frieren, und jetzt geht es ab in den tiefsten Osten nach Porz. Cool! Vielleicht findet sich danach ja noch was in Bonn! Oder in Morsbach.

Also ab in die Bahn, nach Porz in den Engelshof, da waren wir ja schon seit gestern nicht mehr, wird ja wieder mal Zeit, und was hören meine Ohren, was sehen meine Augen? Popmusik aus den 80ern mit Publikum für Popmusik aus den 80ern. Ja! Tolle Metaldisco. Also nebenan zu Franks Chef, und der erklärt dem Frank: „Was sage ich immer, wenn Du sagst, das am ersten Samstag im Monat Metalparty ist? Ich sage dann immer ja Frank, der erste Samstag Plus einen Samstag drauf! Also der zweite Samstag im Monat!“

Toll.

Gut, Flucht nach vorn, der Abend ist eh gelaufen, runter zu der Partycrowd, Alter! Ich zähle inklusive der drei DJs, Thomas und mir sechzehn Leute! 16 Stück. Mörderparty. Kennt jemand noch WHIGFIELD? „Saturday night I feel the air is getting hot be my baby...”. Und es wird lustig getanzt. Ich sitze in der Ecke auf der Box um bemitleide mich sellba!

Da kommt auch schon ein lustiger Spießgeselle und fragt ob ich auf Analstimulation stehe. Jaja, lustig popustig, willste nich schnell mal tanzen, bevor der Mördersong zu Ende ist? Wär doch schade. Verschwendung. Tja, dann noch ein letzter, verzweifelter Versuch, noch ein Teelöffelchen Spaß am heutigen Abend abzubekommen, und hau ruck, immer fleißig rein, Prost.

Klappt nicht. Ab zum Frank. Nacht. Super. Unplugged Konzert gesehen und eine 80er-Party. Perfekt! Mein Leben war nie schöner. Zum Glück bin ich nicht auf der Couch geblieben. KOLLEGE 12/04

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