1.12.2002, Live Music Hall, Köln: |
Heute hab ichs mir verdient. Jawohl. Am Vorabend noch in Sachen WSK unterwegs steht heute Betriebsausflug zu den Labelkollegen
(proll...) Hellacopters an. Gestern bin ich den Deal eingegangen, mir meine Band beim vorm-Auftritt-betrinken zuzuschaun
(ein seltener Anblick) und dafür nüchtern zu bleiben und zu fahren. Fehler.
Anstatt mich heute also richtig zu besaufen und den Herrn 'nen guten Mann sein zu lassen bin ich krank und muss
schwer überlegen, ob ich die Hellacopters nicht einfach 'ne gute Band sein lasse und im Bett bleibe. Aber da
Rock'n'Roll ja bekanntlich kein Lehnstuhl ist und man Gästelistenplätze nicht versauern lässt, schütte ich mir 2
Vodka-Eistee ins Gesicht, setze mich bei Scheisswetter in die Bahn und fahre in die Stadt.
Die Live Music Hall ist zu 3/4 voll und die Gaza Strippers habe ich bei Eintreffen bereits verpasst. Die
anwesende Turbojugend Overath attestiert denen aber gute Qualitäten. Also quäle ich mich durch die lange
Umbaupause, wärend der ich die Hellacopters verfluche, weil sie noch keine grossen Rockstars sind und in der
Kölnarena spielen, wo es tolle Sitzplätze gibt, wärend ich hier stehen muss (Fieber! Kreislauf! Uääääh!). Sobald
aber die DATSUNS auf der Bühne stehen, gehts mir blendend. Mal sehen, was haben wir denn da.... Aha, typisch
Eier-Rock, aber mit viel Deep Purple und Led Zeppelin drin. Florian würde sagen: "Seventies Rock must die!!!",
aber ich find sowas gut. Ein Sänger mit Bass der ein Vibrato wie Jello Biafra in der Stimme hat, gewöhnungsbedürftig
aber gut. Die Gitarristen sind Wixer von Gottes Gnaden (aber immer schön eng anner Rock'n'Roll - Bibel), von
denen der eine wie der Spinal Tap Typ im gelben Spiderman - Anzug schaut und der andere laut Phillipp wie eine
Susanne aussieht. Ich finde, es ist eher der unbakannte dritte Young - Bruder. Susanne Young, naja. The Datsuns
steigern sich von Song zu Song und irgendwann haben sie Raki soweit, dass er sich bei mir Geld leiht und deren Platte
kauft. Scheisse wenn man kein DSL mehr hat, was? Das einzige was stört sind die ewigen Aufforderunegen zum
Mitklatschen, was ich auf den Tod nicht leiden kann. Ausserdem ist es Sonntag abend, und da kann man schon mal
ein bischen lahm drauf sein und es eben sein lassen, was auch die Mehrheim des Publikums so sieht.
Naja...Riesenschlusscrescendo, Rückkopplung, aus. Angenehm, der nächste bitte. Erstaunlich ist, dass Rockmusik
auf mich tatsächlich wie Medizin zu wirken scheint. Zwischen den Bands gehts mir so richtig Grippe - dreckich,
aber während es kracht ist alles wie weggeblasen , seltsam. Mein Bier bekomme ich auch umsonst, weil Werner vom
Underground hinter der Theke steht und ein ausgibt. Werner, an dieser Stelle endlich mal vielen Dank für's Bier,
den Jägermeister und den Einsatz bei Konzerten und das, was du für die Sailors getan hast.
Aber nun, Ladies and Gentlemen - The Hellacopters! Ich hab ja erwartet, dass die nicht mehr so viel können,
weil doch die neue Pladde zwar sehr geil, aber nicht mehr so wild ist wie früher und sich das selbstverständlich
auf die Liveatmosphäre auswirkt. Aber Pustekuchen. Man kann ihnen an die Karre fahren wollen, wo man will, es geht
einfach nicht. Die Band macht nichts, was sie nicht wirklich gut kann. Da stimmt einfach alles. Lautstärke genau
richtig, Sound excellent, Härtegrad eine Mischung aus damals und heute, die Musiker sind notorische Gutausseher
und wissen, was sie auf ihren Instrumenten (BURNS - Gitarren!) zu reissen haben, Lichtshow dezent aber wirkungsvoll
mit Stroboskop und Flash - Einsätzen, aber das Beste (Was war denn üeberhaupt das Beste?) ist die Songauswahl:
Neben einer Vielzahl Stücke von der neuen Platte (incl. Carry Me Home und als Abschluss By the Grace of God) wissen
die Hellacopters anscheinend, dass sie ihre Hits zu spielen haben, also gibt es auch noch You Are Nothing (Knüller!),
Soul Seller, Toys and Flavours, Hey!, Go Where The Action Is und Gotta Get Some Action. 100 Punkte, keine
davon Miese. Die Unsitte grundsätzlich nur 75 Minuten incl. Zugabe zu spielen , die sich grade bei fast allen
Konzerten, für die man gar nicht so wenig Eintritt zahlt (heute abend 18 EUR) ,breit macht greift leider auch hier.
Das macht aber nix, denn sobald die Band aufgehört hat zu spielen gehts mir auch wieder kacke und ich mache mich mit
herrn Travolte Richtung Bahn auf. Wenigstens kann ich mich morgen krankschreiben lassen und kassier dafür Geld. Auch
fein.
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