THE EXPLOSION, JUDGEMENT, Montag, 21.Februar 2005, Underground |
Geil: Montagabend! Als ich grade meinen Arsch schön gemütlich in die
Couch drücke und durch die Kanäle zappe denke ich mir, dass es ja gar
nicht noch aufregender sein könnte. Aber doch: Meine Frau bietet an,
zuerst in den spannenden McDonald´s fressen zu gehen, und hinterher ins
Kino.
Da schiebe ich mir die Geldscheine aber lieber quer in die Poperze, da
kannste aber für, also Frau unterm Arm geklemmt, und drei Flaschen von
der immer noch nicht abgearbeiteten Kiste Oettinger Export (bäh!), und
ab ins Underground. Das Video auf der Seite von THE EXPLOSION von „Here
I Am“ ist ein kleiner Hit, reicht mir, und 10 Euros sind so oder so
weg: Für eine Band oder fürs Rumsitzen in einem Kinosessel. Bescheuert!
Auf der Couch ist es doch viel gemütlicher. Egal.
Die meisten dürften nebenan in der LMH zugucken wie WIZO ihre morschen
Knochen noch ein letztes Mal auf der Bühne spazieren tragen. Das ist ja
so ähnlich wie Kino. Hier ins Underground verirren sich 50 Leute, und
einer macht direkt an der Seite Haja, und die erste Fünfmannband fängt
an. JUDGEMENT oder so heißen die, und der Sänger gibt sich direkt mal
der Peinlichkeit hin, die paar Leute nach vorne an die Bühne zu bitten,
weil das dann besser aussieht. Oh, ja, tatsächlich, Hölle!
Die knüppeln gängigen, aber geilen Hardcore runter, ohne Highlights,
aber auch ohne Ausfälle. Die hohe Stimme vom Sänger ist auf Dauer ein
bisschen nervig, dafür ist er der Einzige da vorne, der wenigstens ein
bisschen rumtitscht und schon mal in die Knie geht, denn seine
Mitmusiker dürften so ein bis zwei Stöcke im Arsch stecken haben, oder
vielleicht auch das ein oder andere Ofenrohr, denn die bewegen sich
nicht einen scheiß Millimeter vom Fleck weg. Das ist einer Hardcoreband
nicht besonders zuträglich! Die sollten da rumtitschen als ginge es um
ihr Leben, die sollten da ein Spektakel veranstalten wie man das noch
nicht gesehen hat, sich gegenseitig in die Fresse treten, umrennen,
Verstärkertürme umreißen und den ganzen Scheiß, so dass sich die 50
Männlein hinterher um die T-Shirts und CDs prügeln und sich gegenseitig
abstechen! Naja. Aber Löcher in die Luft gaffen ist ja auch schön.
In den Songpausen gibt es verdienten Höflichkeitsapplaus vom gemütlich
rumstehenden Publikum, aber der Sänger weiß damit nichts anzufangen,
deswegen auch so patzige Ansagen wie „könnt ihr noch oder sollen wir
aufhören…“. Hä? Haste Dir vielleicht mal Deine Band angesehen? Wie man
in den Wald ruft so schallt es heraus! Naja, ich gebe trotzdem mal ein
kleines Däumchen hoch, weil die doch recht gut zusammen spielen, soweit
man das in dieser Soundmatsche aus Krach und noch mehr Krach sagen
kann.
Tja, dann das Highlight des Abends: Meine Frau drückt mir Geld in die
Hand und sagt zwei. Watt, Bier? Nö, Jedeck! Huppala! Immer gut wenn
eine Krachband eröffnet, womit meine Frau nix anfangen kann! Merken!
Erstmal fegen, Fürst Bismarck, lecker, und dann THE EXPLOSION. Fünf
Leute, Standard, machen recht coolen Punkrock. Ebenfalls nicht
schlecht, aber die krebsen bestenfalls da irgendwo im gehobenen
Mittelmaß rum. Der Sänger erinnert ein bisschen an den MATCHBOX
20-Sänger mit seiner modernen Pottfrisur und seinem schicken
Streifenhemd, und ist ganz nebenbei lattenstramm! Super Show! Kommt
also mit Kippe und Bier auf die Bühne, begrüßt alle übertrieben
herzlich, macht dabei große Gesten mit dem Armen und verzieht sein
Gesicht dabei, lässt also kurz den Kasper raushängen und dann geht’s
los! Meine Frau findet den Bassisten geil, ich die Olle, die mit ihrem
Arsch direkt da vor uns rumwackelt: Nietengurt, Riesen Hose, blonde
Haare, macht upp! Perfekt! Eine 14! Meine Frau kann meine Begeisterung
nicht teilen, aber ich finde den Bassisten auch nicht unbedingt
spannend, wie er da im Takt mitwippt und ganz selten mal, aus reiner
Notwendigkeit heraus nicht einzuschlafen, einmal wie ein fettes
Karnickel hoch hüpft: Hopp! Also das war wohl nix!
Jedenfalls wacht auch irgendwann der Kerl auf, der so schön Haja gemacht
hat, und wippt wie wild mit seinem Fuß mit. Von Null auf Hundert in
drei Sekunden! Wahnsinn!
Der Hitrefrain sticht sofort heraus, die anderen Songs können da nicht
unbedingt mithalten, aber egal, Däumchen hoch, auch wenn überhaupt
nichts da vorne passiert. Doch! Der Sänger schüttet sich die ganze Zeit
noch weiter zu! Guter Sänger! Dabei macht er Faxen als hätte er sie
nicht mehr alle. Immer, wenn er nicht singen muss, schielt er, oder
guckt so debil in der Gegend rum und findet sich dabei wahrscheinlich
urkomisch!
Der rechte Gitarrist ist kleiner als seine rote Gretsch, aber er
schrubbt richtig fleißig auf dem Ding rum, das macht immerhin ein
bisschen Spaß da zuzugucken, vor allem weil der auch so eine moderne
Britpop Antifrisur aufm Kopp trägt…
Der linke Gitarrist kriegt nach jedem Song eine neue Gitarre gereicht.
Na, das Rockstargehabe hat er ja schon mal drauf, und nebenbei hat er
die gleiche Gibson wie der SKASOZIAL-Erich. Aha.
Für zwei Zugaben lassen sie sich noch mal raus bitten, danach zieht der
Sänger seinen Bassisten ganz hektisch hinter die Bühne. Keine Ahnung
warum, wahrscheinlich soll er mal ganz dringend das deutsche Bier
probieren.
Jau, für eine Drei-Euro-Band zehn Ois gelatzt, jefeecht, einen
Gottrefrain gehört, einen Arsch gegafft, der sogar gewackelt hat, super
Abend!
Aber das Wichtigste: Zum Glück nicht in einem scheiß Kino rumgelungert!
Prost! KOLLEGE 02/05
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