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THE ARK, Berlin, Postbahnhof am Ostbahnhof (Brüller!), Dienstag, 27.September 2005
So, ab von der Hauptstadt der Schwulen in die ostig-männlichste Stadt der Welt Berlin, und damit wir nicht vor dem Fernseher versauern (sondern darin) macht der D-SAILORS Tuten-Uli VIP-Umsonst-Plätze für die SARAH KUTTNER-SHOW klar. Als die vor kurzem noch bei uns in Köln gedreht wurde, und MOTÖRHEAD und SCHROTTGRENZE zu Gast waren, da bin ich selbstverständlich nicht hingegangen. Wär ja auch blöd! Aber jetzt, wo die Sendung 600 km weiter weg gemacht wird, und so unglaubliche Szene-Heroen wie Christian Ulmen zu Gast sind, da sitze ich in der ersten Reihe und übe für so eine Kasperklatsche vom Vorprogramm klatschen. Klatsch klatsch. Gähn.

(Übrigens erste Reihe. "Wollt ihr euch da vorne in die erste Reihe setzen?" Kollege: "Nein!" In dem Moment Caro und Chröselomat: "Ja!" Freu freu, setz hin. Kollege daneben und packt sich ann Kopp!)

Jau, datt Sarah kommt uns süttert sofort los. Mann is die klein, Alter Schwede! Aber sonst genauso sexy wie im Playboy. Hüstel. Schwer zu sagen, aber ich geb der jetzt mal ne 18, darauf kann man sich einigen: Begabung fürn Arsch, Charakter sehr OK, Ausstrahlung OK, Gesamtpaket OK und recht handlich. Muss ja ne 18 sein!

Erste Amtshandlung: Begrüßung der Zuschauer in der ersten Reihe (Grrr!!) mit Küsschen auf die Wange. War ja klar. Ich nimm also datt Sarah in den Arm und mache dabei artig das Scherenzeichen, hoffentlich sieht man das! Und dann kommt der Hampelmann von der Seitenlinie auch noch, ey, wer von uns wohnt in der Schwulenhauptstadt, du oder ich?? Umarm, würg.

Ja, Sendung verläuft so: Sarah süttert. Sarah süttert noch mehr. Sarah hört nicht auf zu süttern. Den Leuten von Sarahs wirklich fähiger Begleitband steht in leuchtenden Buchstaben förmlich auf der Stirn geschrieben: "Bitte hör auf, mir wird sonst schlecht!" Naja, ich wache auf weil sich links auf der Minibühne THE ARK formatieren...

...WAS UM ALLES IN DER WELT SOLL DAS DENN SEIN??

Sechs Typen in unglaublichen Klamotten!Der Gitarrist in hautengen (!) Lederklamotten, aber so, dass sogar die Lederjacke aussieht als wäre er da von klein auf reingewachsen, und als könnte er die niemals im Leben ausziehen! Und die Frisur, göttlich: Original DAVID ST. HUBBINS von SPINAL TAP! Und der sieht auch tatsächlich aus wie eine Mischung aus DAVID und NIGEL TUFNEL! Absolut unfassbar! Aber der guckt als wäre das ganz normal, ich krieg die Motten!

Daneben ein Original Krischan Zippmann, aber in uncool! Großer Typ mit platter Schläger-Franzosenmütze aufm Kopp, Killerbart (also Schnubbi mit seitlich abfallendem Gezumsel bis zum Kinn), rechteckige Brille, aber: Am Keyboard, und in der Hand Schellenring und so Shake-Eier am Stiel! ...???

Der andere Gitarrist ebenfalls in Leder und mit blonden, ohrlangen Fransen aufm Kopf, sieht aus wie ein perfekt gestylter Unfall, aber auch der macht nicht den Eindruck als sollte das ein Witz sein, der Basser mit Glatze und "Darf-ich-Dir-einen-blasen-Blick", der Schlagzeuger sieht eher normal aus, n bisschen wie der SAME DIFFERENCE-Zabbo, und der Sänger schießt den Vogel echt ab: Schwarze, kniehohe Lederstiefel, schwarze Leder-Hot-Pants, schwarze Lederweste und Volltuckenschminke mit toupierten, schwarzen Haaren! Wow! Ich bin echt ne Sekunde am überlegen ob ich DAS jetzt WIRKLICH abfeiern sollte!?!

Na: SELBST-VER-STÄNDLICH gehört so was abgefeiert! Das könnte die Wiedergeburt des allmächtigen Glamrock sein! Sogar DEE SNIDER höchstpersönlich dürfte DAS hier guten Gewissens abnicken!

Und dann geht es los. Der Titel: "Glamour for Glamour" oder sowatt! Was?

In dem Moment, ein kleines Mädchen neben mir fiepst mir ins Ohr: "Ey, wenn die spielen, ne, dann springen wir auf und klatschen, ne?" Ich kichere und sage "au ja".

Und THE ARK: Gö!

Sechziger Jahre-Rock, Standard-Drei-Akkorde mit angezerrter Gitarre, Schellenkranz dohbie, feddich! WAS?? Ey, das kann doch bitte nicht sein, oder? Der Sänger macht sich so gut er nur kann zum absoluten Vollhampel, so dass er außerhalb jeglicher Bewertung oder Konkurrenz abspasseln kann. Ey, Hut ab, Daumen hoch, alle Achtung, und singen kann der Sack auch noch richtig amtlich, ey, was zum Teufel ist das hier?

Mitten im wirklich schönsten (!!) TURBONEGRO-in-viel-einfacher-Rumgerocke (!) schmeißen die doch tatsächlich so ein Disco schallalla-Part ein. Einfach so. Als wäre das so normal wie die Frisur vom Gitarristen, ich pack mich weg, ich kann einfach nich mehr. Und dabei ist das hier tatsächlich ein Riesenhit, ey, ich glaubs einfach nicht! THE ARK!

Ja, fertich abgekaspert, Sarah macht irgendeinen Witz und der Sänger beschimpft sie in feinster Theater-Manier mit "Do you want war, bitch?". Bonuspunkt! Applaus! Cooler Typ! Oder Transe! Oder watt weiß ich watt datt da sein soll!

Ja, Sendung noch eben bis zu Ende durchhalten, und beim rausgehen steht der D-SAILORS Tuten-Uli da und fragt ob wir vielleicht drei Freikarten für die Show von THE ARK haben wollen, jetzt schräg gegenüber im Postbahnhof am Ostbahnhof. Öh, och, na ja... KLAR! Danke!

Ja, das übliche Berlin-Spielchen, hundert Kilometer bis zum nächsten Kiosk latschen, da is alles zu teuer, und so weiter, und am Schluss doch viel Geld für wenig Sprit zahlen, aber ein Schnäpperken jefeecht un all im Lack!

Vor der Tür vom Postbahnhof stehen ein paar arme Irre die noch Karten für das ausverkaufte (!) Konzert haben wollen, und wir stecken denen erstmal das WIR Karten haben die WIR nicht bezahlt haben und WIR THE ARK eben schon mal gesehen haben! Hähä! Aber bitte: Wem ein Konzert was bedeutet, der hat die SOCIAL DISTORTION-Karte doch schon Wochen vorher bei sich stehen!

Scheißegal, rein, geiler Schuppen, so das Kölner Underground in cool und genau so teuer, und erste und einzige Band: THE ARK.

Energie. Die legen direkt mit dem Hit von eben los und das Publikum im Mittzwanziger-Durchschnittsalter geht sofort mit was das Zeug hält. Hüpfen, schreien, bisschen pogen, aber nicht wie 18-jährige sondern halt etwas gediegener. Is ja auch zum Glück kein Asselpank hier, Alta! Und die Band packt bei super Sound echt einen Hit nach dem nächsten aus, und jeder hat dasselbe, unglaublich einfache Strickmuster: Standard Drei-Akkord Rhythmus, geschmeidige Gesangsmelodie drüber mit Knottensänger, fertig! Nur manchmal wird aus dem spartanischen Rockkram urplötzlich MEAT LOAF für gaaaanz Vertuckte, also da machen die da Rock-Oper-Arien in ganz schmierig, aber so was von dermaßen übertrieben, das einem die Kotze förmlich im Hals stecken bleibt, und man automatisch vor Begeisterung schlucken muss! Lecker. Essen gespart.

Aber auch immer nur ganz kurz, so als Bridgeteil, und dann geht’s weiter mit Standardrock in richtig gut.

Irgendwie macht das totalen Spaß, also schnell man weg hier von der Theke und vorne mithüpfen. Hui ho, hüpf, hier wird ja kaum geschubst, nö watt süß! Und dann die Ansage zu "Let your Body decide what you want to do". Watt? Klingt wie ERASURE für Kölner! Und in dem Moment fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Ach Du Scheiße! Deswegen gucken die so ernst. Das ist kein Witz! Erstmal kneife ich meine Arschbacken feste zusammen! Dann guck ich mich um. Und tatsächlich, als stünde es jedem einzelnen auf den Kopf genagelt: Schwule und Lesben soweit das Auge reicht! Ich kack ab!

Och nö! Aber egal, die Band ist trotzdem gut, auch wenn ich keinem davon erzählen darf! Also ehrlich! Und dann die Gottansage des Jahrhunderts: Der Sänger erzählt ewig lange auf englisch was von Zukunft und Vergangenheit, und das beides egal ist, weil die Gegenwart und der jetzige Moment wie eine reife Frucht ist, die man zerquetschen muss, und der Saft muss sich über den ganzen Körper verteilen und bla und blubb, dabei reibt er sich natürlich am Körper rum, ich schrei mich weg, und warum das alles?

Because: One of us is gonna die young!

Songtitel!

Anfangsakkorde. Stadionrock in feinster Perfektion! Ich glaub ich muss auch schwul werden! TOTAL GEIL! Sind natürlich wieder Skandinavier. Schweden, Finnen, scheißdiewandan!

Die logische Fortsetzung von TURBONEGRO! Tatsächlich Hits die zumindest live gehen wie geschnitten Brot mit einer Tuckenshow die mich so komplett unvorbereitet doch tatsächlich von den Füßen reißt. Und bei jedem neuen Scheißstück, das mit dem üblichen Standardscheiß anfängt, denke ich mir: "Das können die doch jetzt nicht wirklich bringen! Das machen die doch nicht! Bitte!"

Aber DIE können! Und die tuns! Und zwar konsequent! Von Anfang bis Ende, ohne mit der Wimper zu zucken! Und dabei ohne das man das Gefühl eines Durchhaltetests hat, sondern Hit an Hit, mit hohen Gesangs-Eunuchenstellen, die ohne weiteres an THE DARKNESS erinnern! So ein Mist: Ich bin hin und weg von einer Tuckenband! Das ich das noch erleben darf. Geil

Und als Tüpfelchen auf dem i schnallt der Sänger sich auch noch schwarze Plüsch-Engelsflügelchen auf den Rücken, na, mit Sachen zum Umschnallen dürfte der ja genug Erfahrung haben.

Tja, Ende, ab nach Hause, und da bemerke ich, dass ich meine kompletten Papiere verloren hab. Geil. Aber einen Tag später liegen die fein säuberlich im Büro vom Postbahnhof (am Ostbahnhof) zur Abholung bereit. Scheiß auf bepisste kack Asselei: Schwule Mittzwanziger haben meinen Kram artig abgegeben. Sauber!

Let your body decide where you want to go, high or low, fast or slow...Prost! DER SCHWULE KOLLEGE 09/05

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